Internationale Klasse zeigt sich

Warum bin ich in Deutschland? Was sind meine Ziele? Was ist gut hier?
Für die Aktion #ichstehauf anlässlich des 75. Jubiläums des Grundgesetzes setzten sich die Schülerinnen und Schüler der Internationalen Klasse mit Lehrer Matthias Marx (zweiter von rechts) mit ihrem Aufenthalt in Deutschland auseinander.

Herzfeld – „Ich persönlich ziehe sehr viel daraus. Ich sehe, wie gut wir es in Deutschland haben“, sagte Matthias Marx, Klassenlehrer der Internationalen Klasse der Lippetalschule, kurz vor den Sommerferien, „unsere Alltagsprobleme sind ein Witz gegenüber dem, was meine geflüchteten Schülerinnen und Schüler erlebt haben.“

Die saßen im Kunstunterricht, als Marx gemeinsam mit Schulleiter Volker Wendland die Ergebnisse der Klasse zu #ichstehauf (siehe Kasten) zeigten, mit denen sie um Empathie werben. An mobilen Stellwänden, sodass sie immer wieder eingesetzt werden können, hängen dauerhaft Plakate, auf denen die Schüler folgende Fragen beantwortet hatten: Warum bin ich in Deutschland? Was ist gut an Deutschland? Was möchte ich in Deutschland erreichen?

Anonymisiert, zu ihrem eigenen Schutz, hatten sie ihre Gedanken dazu auf Deutsch und in der Schrift des Landes, aus dem sie kommen, niedergeschrieben. Das Ergebnis ist so vielfältig, wie die Flaggen, die in dem Globus auf dem Regal stecken, und die Heimatländer der Schüler markieren.

„Es vereint die beiden Welten der Sprachen und macht die Plakate zugänglich für künftige Schüler, die noch kein Deutsch sprechen. Sie können sich wiederfinden und fühlen sich vielleicht ein Stück aufgehoben und zu Hause“, erläuterte Marx.

„Warum bin ich nach Deutschland gekommen?“, ist eines der Plakate überschrieben. „Weil in Burundi keine Sicherheit existiert“, schreibt jemand und ein anderer, „weil in der Ukraine Krieg herrscht.“

Darüber steht: „Ich bin wegen der Taliban nach Deutschland gekommen“, daneben „Weil Syrien viele Probleme hat.“ Fast banal klingt dabei etwas, das hier doch so selbstverständlich ist: „Weil ich die Kleidung tragen kann, die ich tragen möchte.“

Was die Schüler an Deutschland schätzen, haben sie auf einem anderen Bogen Pappe ausformuliert. „Die Bildungschancen und -einrichtungen sind sehr gut“, heißt es an einer Stelle, an anderer „Es gibt gute Gesetze, Gleichheit, Kinderschutz und Demokratie.“

Deutschland sei sehr sauber, ein schönes Land mit vielen netten Menschen und es sei schön, dass es Freiheit und Gerechtigkeit gibt, „alle Menschen haben gleiche Rechte.“

Schließlich haben sich die Schüler auch mit ihren Zielen, mit dem, was sie erreichen möchten, auseinandergesetzt. „Meine Zukunft ist es, IT-Ingenieur zu werden“, ist sich einer ganz klar, ein anderer möchte Arzt werden.

Andere bleiben mehr im Jetzt, möchten Erfolg im Unterricht haben und die Schule mit guten Noten abschließen. Einige von ihnen wollen sich weiterbilden und studieren. „Meine Sprache weiterentwickeln, Freunde finden“, schreibt jemand, ein anderer möchte einfach nur in eine normale Klasse gehen.

Vor den Ferien waren es laut Wendland 31 Schüler in der Internationalen Klasse, 44 geflüchtete Schüler insgesamt an der Lippetalschule. Wenn die Schule bald wieder losgeht, wird es eine andere Verteilung sein, denn manche verlassen die Schule nach der zehnten Klasse, andere wechseln eben in die „normalen Klassen“.

Die Internationale Klasse gibt es seit einem Jahr. „Gezwungenermaßen, uns ist die direkte Integration lieber. Das ist sozial und sprachlich einfacher und schneller“, so Wendland. Doch wenn die regulären Klassen voll sind, müssen Ankommende in die Internationale Klasse und so das Schulsystem kennenlernen. Für die volle Lehrerstelle von Marx stellt die Bezirksregierung Projektmittel, die auch für das in Kürze beginnende Schuljahr bewilligt wurden. „Auf sehr einfachem Weg“, lobt Wendland das Verfahren. Haben die Schüler in Deutsch das Sprachniveau B1 (Alltagssprache) erreicht, können sie wechseln. Text: Karin Hillebrand

Quellenangabe: Soester Anzeiger vom 17.08.2024, Seite 19